„Geld stinkt nicht“

Dem Waidanbau und -handel im Mittelalter in Erfurt widmet sich die Ausstellung mit dem markanten Titel „Geld stinkt nicht“ im Stadtmuseum Haus zum Stockfisch. Treffender könnte der Ort nicht sein, denn das Gebäude gehörte einst einem der reichsten Waidhändler der Stadt. Allein die prunkvolle Fassade lässt auf Reichtum schließen. Das Geschäft mit der Färbepflanze brachte denen, die im Mittelalter mit ihr handelten, reichlich Wohlstand. Im Gegensatz zum Geld, das sprichwörtlich nicht stinkt, lag über den Bottichen mit den angesetzten Waidblättern ein sehr strenger Geruch, denn als Gärstoff wurde menschlicher Urin verwendet. Wer in die Vergangenheit schnuppern möchte, kann dies in der Ausstellung tun. Man öffne ein kleines blaues Häuschen und darin ein Glas …

Mit sehr viel Liebe zum Detail und anschaulich wurde diese Ausstellung – kuratiert von Gudrun Noll-Reinhardt – gestaltet. Etliche der Exponate, wie Waidbälle und das daraus gewonnene kostbare Waidpulver, stellte Rosanna Minelli aus ihren Beständen zur Verfügung. Zu sehen sind das Modell einer typischen Waidmühle, Übersichten mit Piktogrammen, die den arbeitsreichen Herstellungsprozess des Farbstoffes vermitteln, historische Flurkarten der Region, die Waidanbaugebiete dokumentieren, und der Brakteaten-Schatz, der 1994 bei Ausgrabungen im Dorf Sulza entdeckt wurde, und der wohl einem Waidbauern gehörte. Aus den Archiven der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha und des Stadtmuseums stammen die Waidregister, Korrespondenzbücher und weitere Schriften, die Erfurts Vergangenheit mit dem Waid veranschaulichen.

Erzählt werden aber auch Geschichten des Scheiterns und kriminellen Handelns. Im 15. Jahrhundert musste sich der Erfurter Rat mit der Bitte um eine Lösegeldzahlung beschäftigen. Ein Erfurter Waidhändler, dessen Sohn und Knecht samt 16 Wagen Waid sind auf dem Weg nach Amsterdam gekidnappt worden. Und kein Geringerer als der bekannte Erfurter Apotheker Johann Bartholomäus Trommsdorff hatte mit Waid experimentiert. Ihm gelang es, ohne Gärung aus der Pflanze Indigo zu gewinnen. Euphorisch machte er sich daran, eine Fabrik aufzubauen – doch er hatte damit keinen Erfolg, weil er die erhofften Mengen nicht produzieren konnte.

Die Ausstellung erklärt und zeigt auch, wo der Farbstoff der Waidpflanze heute noch bzw. wieder zum Einsatz kommt – in der Textilgestaltung, für kosmetische Pflegeprodukte und als Holzschutzmittel. Die Pflanze, die Erfurt einst den Reichtum brachte, ist nicht vergessen; auch dank der Menschen, die sich aktuell mit ihr beschäftigen.

Die Ausstellung ist bis zum 2. April im Stadtmuseum Erfurt in der Johannesstraße zu sehen. Geboten wird ein Begleitprogramm, zum Beispiel diese beiden Termine:

  • 10. Januar 2017, 19 Uhr, Lesung + Gespräch „Blaues Gold“ – ein Erfurter Waidroman; mit Alice Frontzek und Rosanna Minelli
  • 22. Januar 2017, 15 Uhr, Kuratorin Gudrun Noll-Reinhardt führt durch die Ausstellung

 

Text/Fotos: Vera Dähnert